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Ist die einmonatige Rechtsbehelfsfrist abgelaufen, wird ein Steuerbescheid bestandskräftig. Dann werden Einsprüche als unzulässig zurückgewiesen – es sei denn, es liegen besondere Hinderungsgründe vor. Änderungen sind dann nur noch sehr eingeschränkt aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen möglich. Über diese kann der Steuerbescheid in manchen Fällen selbst nach Bestandskraft und bis zur Verjährung berichtigt werden – auch zuungunsten des Finanzamts. Allerdings hält der Einspruch nicht den gesamten Steuerfall offen, sondern es sind nur punktuelle Änderungen möglich.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf neue Tatsachen zu verweisen. Dieses Argument greift aber nur, wenn Belege oder Sachverhalte nachgereicht werden, die bei Erstellung der Steuererklärung noch unbekannt waren. Sollen sich die Tatsachen zugunsten des Steuerzahlers auswirken, muss er dem Finanzamt nachweisen, dass kein eigenes grobes Verschulden vorliegt. Ein Gerichtsurteil, das erst nach dem Steuerbescheid ergeht, ist allerdings keine neue Tatsache. Es kann nur genutzt werden, wenn über einen Einspruch noch nicht entschieden ist oder der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.

Ein Steuerbescheid ist zu ändern, soweit Tatsachen bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen. Jede nachträglich bekanntgewordene Tatsache ist geeignet, eine Berichtigung auszulösen. Dabei handelt es sich um Tatsachen, die in der Steuererklärung noch nicht explizit dargelegt bzw. bei der Fallbearbeitung im Finanzamt auch nicht anderweitig bekannt wurden. Stellt das Finanzamt keine Ermittlungen zu einem Sachverhalt an, obwohl Einzelheiten allgemein bekannt waren und die steuerliche Erheblichkeit sich damit aufdrängte, verletzt es seine Ermittlungspflicht in einer Weise, die einer späteren Änderung des Einkommensteuerbescheids entgegensteht.

Faustregel: Entscheidend ist, ob die Behörde bei rechtzeitiger Kenntnis der später bekanntgewordenen Tatsachen schon bei der ursprünglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer höheren Steuer gelangt wäre. Ist dies der Fall, darf sie trotz nachträglichen Bekanntwerdens einer zur Steuererhöhung führenden Tatsache keinen Änderungsbescheid mehr erlassen, wenn ihr die Tatsache infolge der Verletzung der amtlichen Ermittlungspflicht unbekannt geblieben ist. Etwas anderes gilt nur, wenn der Steuerzahler in der Erklärung falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder sich bewusst missverständlich ausgedrückt hat.

 

Quelle: Deubner-Verlag

Sollen sich neue Tatsachen zu Ihren Gunsten auswirken, müssen Sie dem Finanzamt nachweisen, dass Ihrerseits kein grobes Verschulden vorliegt. Diese Voraussetzung ist allerdings unerheblich, wenn zwischen Tatsachen, die zu einer Steuererhöhung führen, und solchen, die eine Steuerminderung bewirken, ein Zusammenhang besteht.

Hat das Finanzamt einen geschätzten Steuerbescheid erlassen, weil Sie keine Erklärungen eingereicht haben, können Sie die Formulare noch nachreichen. Hierbei handelt es sich dann um eine neue Tatsache, die nachträglich bekanntgeworden ist. Kommt es hierüber zum Beispiel zu Mietverlusten und Gewinnen aus einem Gewerbebetrieb, wirkt sich das steuerlich in beide Richtungen aus. Weil Sie Ihrer Erklärungspflicht nicht nachgekommen sind, liegt aber ein grobes Verschulden vor. Dieses wäre zwar unschädlich, wenn die steuermindernden Verluste mit den Gewinnen in Zusammenhang stünden. Dazu reicht es aber nicht aus, dass durch dieselbe Steuererklärung steuererhöhende und -mindernde Tatsachen offenbar werden, denn der erforderliche Sachzusammenhang besteht nur innerhalb einer Einkunftsart. Der steuererhöhende Vorgang bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb ist ja auch ohne die steuermindernden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung denkbar. Die nachträglich bekanntgewordenen Gewinne kann das Finanzamt also berücksichtigen, die Mietverluste aufgrund der Bestandskraft hingegen nicht mehr.

Hinweis: Es ist also ratsam, innerhalb der Rechtsbehelfsfrist gegen einen Schätzungsbescheid vorzugehen. Im ersten Schritt reicht es aus, über den Einspruch die zeitnahe Abgabe der Steuererklärung zumindest anzukündigen. Noch besser ist es natürlich, den Erklärungspflichten stets pünktlich nachzukommen.

 

Quelle: Deubner-Verlag

Werden Sie mit Ihrem Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, kommt für die Festsetzung der Steuer der sogenannte Splittingtarif zur Anwendung. Trennen Sie sich, wird ab dem Jahr nach der Trennung für beide ehemalige Ehegatten der Grundtarif angewandt und jeder muss eine eigene Steuererklärung abgeben.

So verhielt es sich auch in einem Streitfall, den der Bundesfinanzhof (BFH) zu entscheiden hatte. Der ehemalige Ehemann gab in seiner Einkommensteuererklärung an, inzwischen von seiner Frau geschieden zu sein. Er machte auch keine persönlichen Angaben mehr zu ihr – insbesondere erklärte er keine Einkünfte der Ehefrau. Der Finanzbeamte machte einen Vermerk, die gespeicherten Daten des Mannes entsprechend geändert zu haben. Gleichwohl erging ein Bescheid mit Splittingtarif, weil der Bearbeiter eine maschinell notwendige Eingabe vergessen hatte, die zur Berücksichtigung des Grundtarifs notwendig gewesen wäre.

Der BFH sah dies als sogenannte offenbare Unrichtigkeit an und gestattete dem Finanzamt, den Bescheid auch nach Ablauf der Einspruchsfrist zuungunsten des Mannes zu ändern. Solche offenbaren Unrichtigkeiten können beispielsweise Schreib- und Rechenfehler sein und ein Jahr lang nach Bekanntgabe des Steuerbescheids korrigiert werden. Die Richter hielten es für ausgeschlossen, dass der Bearbeiter den Splittingtarif rechtsirrig hatte gewähren wollen.

Hinweis: Rechtsirrig oder aus Versehen: Zwischen diesen Begriffen verläuft die notwendige Abgrenzung. Liegt eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch den Finanzbeamten vor oder kann eine solche nicht ausgeschlossen werden, kommt eine Berichtigung des Steuerbescheids nach Bestandskraft nicht in Betracht. Hat der Bearbeiter jedoch nur ein mechanisches Versehen begangen, kann der Steuerbescheid – auch zu Ihren Ungunsten – geändert werden.

 

Quelle: Deubner-Verlag

Geschlossene Fonds firmieren in der Regel als Personengesellschaft. Damit zahlen sie selbst keine Einkommensteuer; das erfolgt erst über die Bescheide der Beteiligten. Hierzu reichen die Fonds eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung der Anleger ein. Diese beinhaltet die gewerblichen Gewinne genauso wie den Überschuss aus Immobilien oder dem vermieteten Flugzeug. Auch die Aufwendungen jedes einzelnen Anlegers gehören in die Feststellungserklärung. Das kann von der Fahrt zur Gesellschafterversammlung bis zu den Schuldzinsen für den Kredit auf die Einlage reichen. Diese Posten stellen Sonderbetriebsausgaben oder -werbungskosten dar und gehören nicht in die anschließende Einkommensteuererklärung der Beteiligten. Denn sie sind bereits auf der Gesellschaftsebene festgehalten. Sind alle Positionen zusammengefasst, wird das positive oder negative Endergebnis auf alle Anleger umgerechnet und die verteilten Beträge werden den Wohnsitzfinanzämtern mitgeteilt.

Bei den vom Betriebsstättenfinanzamt für den Fonds festgestellten Ergebnissen handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, der Bindungswirkung für die Einkommensteuer der Anleger entfaltet. Insoweit gibt es eine absolute Anpassungsverpflichtung des Wohnsitzfinanzamts. Dies gilt selbst dann, wenn der Bescheid für den Fonds aus Anlegersicht Unstimmigkeiten enthält. Fehler beim Grundlagenbescheid rechtfertigen nämlich kein Wiederaufrollen der gesamten Steuerveranlagung.

In der Praxis liegt bei der erstmaligen Veranlagung durch den Einkommensteuerbescheid noch kein Feststellungsbescheid vor. Ein solcher kann dennoch erlassen werden, indem die voraussichtlichen Beteiligungseinkünfte zunächst einmal geschätzt werden. Ergeht anschließend der Grundlagenbescheid, ist der Einkommensteuerbescheid entsprechend zu ändern. Besagt der Grundlagenbescheid beispielsweise, dass der Fonds gewerbliche Einkünfte erzielt, kann der Beteiligte bei seinem Finanzamt keine Mieteinkünfte mehr reklamieren.

 

Quelle: Deubner-Verlag

Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) hat entschieden, dass es weder Ihre noch die Aufgabe Ihres Steuerberaters ist, in der Steuererklärung auf Gesetzesänderungen hinzuweisen. Sie sind lediglich verpflichtet, alle steuerlich relevanten Angaben wahrheitsgemäß und vollständig zu machen. Die rechtliche Einordnung Ihrer Angaben – wie beispielsweise die Frage, ob Aufwendungen, die in den Vorjahren als Sonderausgaben berücksichtigt wurden, auch im aktuellen Veranlagungsjahr berücksichtigungsfähig sind – obliegt der Finanzverwaltung.

Im Streitfall hatte das Finanzamt nicht erkannt, dass die Beiträge eines Schornsteinfegers zu einer Zusatzversorgung seit 2005 nicht mehr wie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Sonderausgaben abziehbar sind. Es hatte den Sonderausgabenabzug fälschlicherweise gewährt und wollte den Einkommensteuerbescheid später zu Lasten des Schornsteinfegers berichtigen. Dies hat das FG nicht zugelassen. Denn eine fehlerhafte Wertung des Finanzamts kann nicht nachträglich korrigiert werden, wenn der Bescheid nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht – was im Streitfall nicht gegeben war.

 

Quelle: Deubner-Verlag

Wenn Sie verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, müssen Sie diese bis zum 31.05. des Folgejahres beim Finanzamt einreichen. Lassen Sie sie von Ihrem Steuerberater erstellen, gelten längere Fristen. Wenn gute Gründe es rechtfertigen, kann das Finanzamt die Einkommensteuererklärung jedoch auch zu einem früheren Termin anfordern.

Das Finanzgericht Sachsen hat entschieden, dass die floskelhafte Begründung, in der Vergangenheit seien große Abschlusszahlungen angefallen und es könne sich erneut eine Nachzahlung ergeben, für eine vorzeitige Anforderung nicht ausreicht. Vielmehr sei eine auf Sachverhaltsermittlung beruhende Einzelfallentscheidung nötig, wobei eine Abschlusszahlung von ca. 3.000 EUR nicht als hoch anzusehen sei. Im Übrigen könne einer Abschlusszahlung auch durch Festsetzung höherer Einkommensteuervorauszahlungen begegnet werden.

 

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Erzielen Sie Umsätze als selbständiger Lehrer, sind diese Umsätze von der Umsatzsteuer befreit. Die Steuerbefreiung für selbständige Lehrer wird Ihnen von der Finanzbehörde allerdings nur gewährt, wenn Sie Unterrichtsleistungen an einer berufs- oder prüfungsvorbereitenden Einrichtung nachweisen können. Dazu benötigen Sie eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde.

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Bescheinigung der Landesbehörde als Grundlagenbescheid anzusehen. Wird Ihnen die Bescheinigung nachträglich ausgestellt, muss die Finanzbehörde bereits bestandskräftige Umsatzsteuerfestsetzungen ändern, soweit die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Die Qualifizierung der Bescheinigung als Grundlagenbescheid und die nachträgliche (rückwirkende) Änderung einer bereits bestandskräftigen Umsatzsteuerfestsetzung verstoßen nach Auffassung des BFH nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

Hinweis: Sie sollten vor Beginn Ihrer selbständigen Tätigkeit von einem Steuerberater prüfen lassen, ob Sie umsatzsteuerpflichtige oder umsatzsteuerfreie Leistungen tätigen und ob Ihnen der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen zusteht.

 

Quelle: Deubner-Verlag

Bei einem fristgerecht binnen Monatsfrist eingelegten Einspruch kann die Begründung später noch nachgereicht werden. Das gilt aber nicht bei einem alternativ möglichen Antrag auf schlichte Änderung des Bescheids.

Hintergrund für diese Regelung ist, dass die schlichte Änderung nur eine punktuelle Korrektur der ursprünglichen Steuerfestsetzung ermöglichen soll, was jedoch einen Antrag zu einem konkreten Sachverhalt voraussetzt. Da für die übrigen Teile des Bescheids Bestandskraft eintritt, bleibt der Fall also nur zum beantragten Sachverhalt offen. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn der Steuerzahler vor Ablauf der Klagefrist den Antrag stellt. Daher genügt es auch in diesem Fall nicht, einen allgemein auf Änderung des Steuerbescheids gerichteten Antrag erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zu konkretisieren und zu begründen.

Hinweis: Grundsätzlich ist der Antrag auf schlichte Änderung vorteilhaft, da der Steuerfall nicht erneut in vollem Umfang geprüft wird und es damit zu keiner nachteiligen Änderung kommt. Der Fall wird nicht erneut ganz aufgerollt, sondern nur punktuell geändert. Allerdings bietet der Einspruch mehr Vorteile: Die Änderung steht hier nicht im Ermessen des Finanzamts, der Bescheid ist erst einmal in vollem Umfang offen, Begründungen sowie weitere Begehren können nachgeschoben werden und eine Aussetzung der Vollziehung kommt in Betracht. Zudem besteht bei nachteiligen Folgen immer noch die Möglichkeit, den Rechtsbehelf zurückzunehmen. Beim schlichten Antrag können weitere Gründe nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht nachgereicht werden, sie müssen also binnen eines Monats konkretisiert werden.

Die Finanzbehörde kann bestandskräftige Steuerbescheide innerhalb der Festsetzungsfrist nur unter bestimmten Voraussetzungen ändern. Sie kann insbesondere Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit innerhalb der Festsetzungsfrist berichtigen. Voraussetzung ist, dass der Fehler der Finanzverwaltung beim Erlass des Steuerbescheids unterlaufen ist.

In einem aktuellen Urteil entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass eine Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit auch dann vorliegen kann, wenn das Finanzamt eine in der Steuererklärung enthaltene offenbare Unrichtigkeit des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt. Nach Auffassung des BFH ist die Unrichtigkeit offenbar, wenn sie sich ohne weiteres aus der Steuererklärung des Steuerpflichtigen, deren Anlagen sowie den in den Akten befindlichen Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr ergibt. Entscheidend ist, dass es sich um ein “mechanisches Versehen” handelt. Somit können unzutreffende rechtliche Würdigungen nicht korrigiert werden.

Hinweis: Sollte der Finanzverwaltung beim Erlass eines Verwaltungsakts eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen sein, sind Sie nicht dazu verpflichtet, diese richtigzustellen. Eine Berichtigungspflicht besteht lediglich, wenn der Fehler aufgrund der von Ihnen gemachten Angaben entstanden ist und es dadurch zu einer Steuerverkürzung kommen kann oder bereits gekommen ist. In Zweifelsfällen sollten Sie Ihren Steuerberater beauftragen, die Zulässigkeit der Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids zu prüfen.

Sind Sie als Kleinunternehmer tätig, erhebt das Finanzamt keine Umsatzsteuer, sofern Sie nicht ausdrücklich auf die Anwendung dieser Sonderregelung verzichten. Allerdings können Sie in diesem Fall auch keine Vorsteuer aus Eingangsumsätzen geltend machen. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung liegen vor, wenn Ihr Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer

  • im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überschritten hat und
  • im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht überschreiten wird.

Nehmen Sie im Lauf eines Jahres eine unternehmerische Tätigkeit neu auf, kann laut Bundesfinanzhof die Kleinunternehmerregelung angewandt werden, sofern Ihr auf einen Jahresumsatz hochgerechneter tatsächlicher Gesamtumsatz 17.500 EUR nicht übersteigt.

 

Quelle: Deubner-Verlag